1517–2017. 500 Jahre Reformation
Ein „Gesamtkunstwerk“ der Reformationszeit

Mit der Schlosskapelle befindet sich im Celler Schloss ein europaweit bedeutendes Baudenkmal aus frühprotestantischer Zeit. Der in seiner Konzeption nahezu unverändert erhalten gebliebene Kirchenraum stand im Fokus eines Ausstellungsbeitrags des Residenzmuseums zu 500 Jahren Reformation.

Ihre zwischen 1565 und 1576 entstandene Ausstattung mit Gemälden von Marten de Vos und weiteren Künstlern macht die Celler Schlosskapelle zu einem „Gesamtkunstwerk“ der Reformation. Da sie aus konservatorischen Gründen nur sehr eingeschränkt zu besichtigen ist, wurden ihre Geschichte und Bedeutung in einer modernen Präsentation mit hochkarätigen Exponaten und mittels 3D-Technik veranschaulicht

 

Macht und Frömmigkeit – Politik und Glaube

Anders als die Stadtkirche St. Marien diente diese Kapelle nur der herzoglichen Familie, dem Hof, alle Bedienstete eingeschlossen, und seinen Gästen für Gottesdienste. So war sie einerseits ein Ort der Andacht und Ausdruck der Frömmigkeit ihrer Stifter. Eingebunden in die Herrschaftsarchitektur einer Residenz war die Schlosskapelle aber gleichermaßen auch Ausdruck landesherrlicher Selbstdarstellung. Rang und Ehrwürdigkeit der welfischen Dynastie sowie Legitimation des Fürsten sollten sich in ihr widerspiegeln.

 

Fürstenmacht und Gottesgnade

Dies ist der Grund für den äußeren Reichtum sowie die aufwendige und anspruchsvolle Ausstattung, die auf den ersten Blick irritiert und im Widerspruch zur Idee „lutherischer Schlichtheit“ zu stehen scheint. Die gesamte Raumausstattung wie auch das Bildprogramm im Einzelnen sind jedoch ein Spiegel der Auseinandersetzung mit der Reformation. Der Fürst stellte sich hier in seiner neuen Verantwortung als oberster Kirchenherr dar und setzte zugleich ein politisches Zeichen, indem er „seinen Kirchenraum“ gestaltete.


Neues herrschaftliches Selbstverständnis

Diese neue Rolle als oberster Kirchenherr unterstellte den Fürsten der Gnade Gottes:
Unmittelbar neben der Kanzel ließ Herzog Wilhelm wie einen Appell an die Verantwortung des gläubigen Fürsten die „Werke der Barmherzigkeit“ anbringen: Die Mahnung, Notleidenden zu helfen und redlich zu handeln. Hungrige zu speisen, Durstige zu tränken, Gäste zu beherbergen, Nackte zu kleiden, Kranke zu pflegen, Gefangene zu versorgen – diese immerwährende Aufforderung zu Mitmenschlichkeit stand ihm stets vor Augen.

 

Landesherr und Bischof

Diese Forderung war nicht nur eine Mahnung an die Gemeinde, sondern ein Appell an die Vorbildlichkeit des Fürsten selbst. Einem lutherischen Landesherrn, der seine Aufgabe als weltlicher Bischof tatsächlich ernst nahm, kam eine neue Verantwortung zu, gegenüber Gott und gegenüber seinen Untertanen – und es scheint, als ob die Gestaltung der Celler Schlosskapelle genau dieses ins Bild gesetzt hat.

Kuratorin: Juliane Schmieglitz-Otten
Förderung: Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, Ev.-luth. Kirchenkreis Celle, Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannover, Hanns-Lilje-Stiftung, Klosterkammer Hannover, Landkreis Celle, Landschaft des vormaligen Fürstentums Lüneburg, Lüneburgischer Landschaftsverband, Museumsverein Celle, Niedersächsisches Ministerium für Wissenschaft und Kultur, Regionalstiftung der niedersächsischen Sparkassen, Sparkasse Celle, Niedersächsische Sparkassenstiftung, Stiftung Niedersachsen
Gestaltung:
Homann Güner Blum – Visuelle Kommunikation
Medienpartner: NDR Kultur

Veröffentlichung:

Zeichen setzen – 500 Jahre Reformation in Celle, hg. von Jochen Meiners im Auftrag der Gesellschaft zur Unterhaltung des Bomann-Museums, Celle 2017 (ISBN: 978-3-7319-0454-0)

Es ist keine Tugend, edel geboren werden,
sondern sich edel machen.

— Martin Luther (1483–1546)