Welfenfrauen am Celler Hof
Zwischen Macht und Skandal

Frauen haben das Leben in der Celler Residenz wesentlich mitgestaltet, auch wenn ihre gesellschaftliche Stellung unmittelbare politische Einflussnahme bis in das 19. Jahrhundert nicht ermöglichte. Bekannt sind heute weitgehend nur die tragischen Biografien – unglückliche Liebesbeziehungen, die zumeist vor dem Hintergrund politischer und dynastischer Verflechtungen dramatisch endeten. Der Blick allein auf die persönliche Tragik verstellt aber eine tiefere Einsicht in die Lebensbedingungen, den höfischen Status und die eigentlichen Handlungsspielräume dieser Frauen.

In Sonderausstellungen und Veranstaltungen vermittelt das Residenzmuseum immer wieder spannende Einblicke in das Leben höfischer Frauen jenseits der Klischees:

Anna von Nassau (um 1441–1513)

Annas erster Ehemann war der Celler Herzog Otto II., mit dem sie zwei Söhne hatte. Nach dessen frühem Tod wurde sie mit Philipp I. Graf von Katzenelnbogen verheiratet. Als auch er bereits 1479 starb, kehrte die zweimal Verwitwete nach Celle zurück und übernahm bis 1486 die Regentschaft für ihren noch unmündigen Sohn Heinrich. Sie ließ die Burg Lüchow zum Schloss ausbauen, das ihr als Witwensitz diente. In Celle bemühte sie sich um eine geordnete Verwaltung und gründete das Hospital St. Annen. Anna ließ die Residenz erweitern und eine Kapelle bauen, die 1485 durch den Bischof von Hildesheim dem Heiligen Valentin geweiht wurde.

Anna von Nassau -
Gemälde im Privatbesitz
Copyright: S.K.H. Ernst August Erbprinz von Hannover, Herzog zu Braunschweig und Lüneburg

Herzogin Dorothea in kostbarem Gewand auf dem Altarflügel der Celler Schlosskapelle

Herzogin Dorothea (1546–1617)

Dorothea wurde 1546 als Tochter des dänischen Königs Christian III. auf Schloss Koldinghus geboren.
1561 wurde sie mit Herzog Wilhelm (dem Jüngeren) verheiratet. Auf die ranghohe Abstammung der Herzogin wird mit dem Zusatz „aus königlichem Stamme zu Dennemark“ an mehreren Stellen verwiesen (Inschriften in der Schlosskapelle, am Rathaus etc.).
Wilhelm der Jüngere und Dorothea hatten 15 Kinder, die alle das Erwachsenenalter erreichten. Als ihr Mann geistig erkrankte und gewalttätig gegen seine Familie wurde, suchte Dorothea mit den Kindern Schutz in Medingen oder auf ihrem Witwensitz in Winsen an der Luhe.

Aufgrund der herzoglichen Regierungsunfähigkeit übernahmen Statthalter und Räte die Verwaltung des Fürstentums, das Dorothea jedoch faktisch führte. Die unklare Herrschaftssituation, Auseinandersetzungen zwischen Dorothea als Landesfürstin und den Räten sowie eine angespannte finanzielle Lage stürzten das Fürstentum in eine Krise. Dorothea führte eine intensive Korrespondenz und betrieb eine aktive Heiratspolitik zugunsten ihrer Kinder.

Herzogin Dorothea (1636–1689)

Dorothea Sophie von Holstein-Glücksburg stammte aus dem dänischen Königshaus. 1653 heiratete sie den in Celle regierenden Herzog Christian Ludwig – es war die letzte große Fürstenhochzeit, die mit allem zeremoniellen Aufwand in der Celler Residenz gefeiert wurde. Davon zeugt noch heute das älteste erhaltene deutsche Bühnenstück, die „Triumphirende Liebe“, das anlässlich der Hochzeit aufgeführt wurde.

Die Ehe blieb kinderlos, und nach dem Tod Christian Ludwigs 1665 ging sie eine Ehe mit Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg ein, aus der sieben Kinder hervorgingen. Um die finanzielle Versorgung ihrer vier Söhne zu sichern, erwarb sie 1670 u.a. die Herrschaft Brandenburg-Schwedt. Ihre Grablege befindet sich im Berliner Dom und der Berliner Stadtteil Dorotheenstadt wurde nach ihr benannt.

Die Kinderlosigkeit in der ersten Ehe wurde ihr zur Last gelegt, doch in der zweiten Ehe mit dem brandenburgischen Kurfürsten
brachte Dorothea sieben Kinder auf die Welt.

Das Liebesglück, das Eléonore in der Ehe mit Herzog Georg Wilhelm verband, war üblicherweise keine Bedingung für eine adlige Heiratsverbindung. Es war die Voraussetzung für ihren Aufstieg und den Einfluss, den sie über ihren Mann ausübte.

Herzogin Eléonore d’Olbreuse (1639–1722)

Die hugenottische Landadelige erlebte an der Seite ihres Gemahls Georg Wilhelm, Herzog zu Braunschweig und Lüneburg, einen vielgeneideten Aufstieg zur Herzogin und verhalf der Celler Residenz zu beeindruckender Blüte. Die „Stammmutter“ mehrerer europäischer Königshäuser brachte im 17. Jahrhundert französischen Esprit nach Celle und beeinflusste dadurch Hof- und Stadtleben. Sie nutzte ihre informelle Machteilhabe auch zugunsten von verfolgten Angehörigen ihres Glaubens und zur Förderung des Allgemeinwohls.

Hier gibt es vertiefende Informationen zu Eléonore d‘Olbreuse:

Kurprinzessin Sophie Dorothea (1666–1726)

Das Leben des einzigen Kindes des letzten Herzogpaares Georg Wilhelm und Eléonore nahm einen tragischen Verlauf. Die auf dem Heiratsmarkt des Hochadels begehrte Prinzessin wurde aus politischen Gründen mit ihrem hannoverschen Cousin Georg Ludwig verheiratet. Sie widersetzte sich den Regeln und wurde nach einer Affäre mit dem schwedischen Grafen Königsmarck schuldig geschieden und auf das Schloss Ahlden verbannt. Dort verbrachte sie ihre letzten 31 Lebensjahre. Sophie Dorothea wäre die erste Königin Großbritanniens aus dem Haus Hannover geworden, denn ihr geschiedener Gemahl bestieg 1714 in Personalunion den britischen Thron. Ihre beiden Kinder, den späteren König Georg II. und die preußische Königin Sophie Dorothea, sah sie nie wieder.

Hier gibt es vertiefende Informationen zu Sophie Dorothea:

Das Eheglück der Eltern blieb ihr versagt: Nach ihrer Scheidung sah Sophie Dorothea ihre Kinder nie wieder, alle Gnadengesuche beim britischen König blieben erfolglos. Als „Prinzessin von Ahlden“ ging sie in die Geschichte ein. Das berühmte Gemälde als „Flora“ nach Henri Gascar war 1686 anlässlich einer Reise nach Venedig entstanden und lässt nichts von der Tragik ihres Lebenslaufes ahnen.

Königin Caroline Mathilde (1751–1775)

London, Kopenhagen und Celle sind die Lebensstationen der dänischen Königin Caroline Mathilde. Während der Zeit der hannoversch-britischen Personalunion wurde sie als jüngste Tochter des britischen Kronprinzen Friedrich Ludwig und seiner Frau Augusta in England geboren. Im Alter von 15 Jahren wurde sie mit dem dänischen König Christian II. verheiratet. Doch in Folge des streng reglementierten Zusammenlebens mit ihrem geisteskranken und abweisenden Ehemann am Kopenhagener Hof zog sich Caroline Mathilde immer mehr zurück.
Sie begann eine Affäre mit dem königlichen Leibarzt und Reformer Johann Friedrich Struensee, der Vater der 1771 geborenen Prinzessin Luisa Augusta wurde. Struensee, inzwischen zum Minister aufgestiegen, wurde verhaftet und hingerichtet. Caroline Mathilde wurde schuldig geschieden und von ihren Kindern getrennt. Auf Intervention ihres Bruders, Georgs III. von Großbritannien, kam sie nach Celle. Im Celler Schloss verbrachte die einstige Königin den Rest ihres kurzen Lebens, denn schon 1775 starb sie im Alter von beinahe 24 Jahren.

Hier gibt es vertiefende Informationen zu Königin Caroline Mathilde:

Am Anfang aller großen Dinge steht eine Frau.

— Horace Walpole, 4. Earl of Orford (1717–1797)